Meine schlechteste Werbung

Die schlechteste Werbung meines Lebens kreierte ich ausgerechnet bei der wichtigsten Werbung meines Lebens.
Eine Australierin namens Sue war 1991 für ein paar Monate in Bern. Wir lernten uns kennen, verliebten uns, alles war grossartig. Doch nach ein paar Monaten hiess es, sie müsse die Schweiz wieder verlassen.
Also beschloss ich, ihr einen Heiratsantrag zu machen. (Nicht nur, weil sie die Schweiz verlassen musste, ich liebte sie wirklich sehr.)
Ich war damals bereits Werbetexter und wusste, dass charmante und überraschende Werbung besonders gut funktioniert. Obwohl ich das gerne bei Kampagnen für Unternehmen anwandte (und es noch immer mache), tat ich es bei der wichtigsten Werbung meines Lebens nicht.
Sue und ich kochten eines Abends in meiner 1 1/2‑Zimmerwohnung. Sie wusch den Salat im Spülbecken, ich schälte Kartoffeln am Küchentisch.
In diesem nicht besonders romantischen Moment fragte ich sie – mit der Tonalität eines Kassenmitarbeiters, der nach der Cumulus-Karte fragt – ob sie mich heiraten wolle.
Wie erbärmlich. Ich hatte mir keine Idee einfallen lassen, keinen schönen Moment kreiert, ihr nicht gesagt, wie viel sie mir bedeutet, keinen Ring dabei, nichts. Stattdessen, mit dem romantischen Gespür eines Betonblocks und dem Charme einer Steuererklärung, sagte ich monoton zur Salat waschenden Frau, während ich Kartoffeln schälte: «Willst du mich heiraten?»
Nun, sie sagte trotzdem Ja.
Manchmal kann also selbst schlechte, unkreative und uncharmante Werbung erfolgreich sein. Doch darauf verlassen möchte ich mich nicht.
Müsste ich noch einmal einen Hochzeitsantrag machen, ich würde unbedingt eine Idee machen, einen romantischen Moment kreieren. Die Chance auf Erfolg erhöhen.
Ich hoffe allerdings, dass es nicht soweit kommt.
Sue und ich sind immer noch glücklich zusammen.